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Arbeitszeiterfassung ist Pflicht! – Beschluss des BAG vom 13.09.2022

16.09.2022
Das Bundesarbeitsgericht hat in einer wegweisenden Entscheidung am 13.09.2022 entschieden, dass die Arbeitszeiterfassung in Deutschland bereits verpflichtend ist. Bisher liegt von diesem Urteil nur die Pressemitteilung vor.

Dort heißt es:

„Der Arbeitgeber ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann. Aufgrund dieser gesetzlichen Pflicht kann der Betriebsrat die Einführung eines Systems der „elektronischen“ Arbeitszeiterfassung im Betrieb nicht mithilfe der Einigungsstelle erzwingen. Ein ent­spre­chendes Mitbestimmungsrecht nach § 87 BetrVG besteht nur, wenn und soweit die betrieb­liche Angelegenheit nicht schon gesetzlich geregelt ist.“

Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG, der vorsieht, dass Arbeitgeber zur Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen haben, im Lichte der europäischen Rechtsprechung ausgelegt. Das BAG ist zu der Entscheidung gelangt, dass § 3 Abs. 2 Nr. 1 auch die Pflicht zur Erfassung der vollständigen Arbeitszeit beinhaltet, obwohl dies im Wortlaut der Vorschrift nicht angelegt ist.

Das Urteil des BAG wird Auswirkungen auf die bisher in Deutschland verbreiteten Arbeitszeitmodelle, insbesondere auf das Modell der Vertrauensarbeitszeit, auf das Homeoffice sowie auf flexible Arbeitszeitmodelle haben, die die Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung für alle Betriebe mit sofortiger Wirkung gilt.

Das BAG hat bisher nichts dazu gesagt, in welcher Form die Arbeitszeit erfasst werden soll. Es wird abzuwarten bleiben, ob sich aus den Urteilsgründen, die bisher noch nicht veröffentlicht sind, weitere Anhaltspunkte finden lassen, die die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung konkretisieren.

Im Moment kann nur zur Vorsicht geraten werden. Arbeitgeber sollten sich bereits jetzt Gedanken darüber machen, in welcher Form die Arbeitszeiterfassung bei ihnen im Betrieb eingeführt werden könnte.

Es ist davon auszugehen, dass die Nichterfassung der Arbeitszeit zukünftig zu einer Verschlechterung des Arbeitgebers in Streitfällen führen wird. Dies wird insbesondere in Überstundenprozessen Auswirkungen haben.

Dadurch, dass das BAG die Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung in § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG hineinliest, führen Verstöße gegen die Erfassung der Arbeitszeit automatisch zu einem Verstoß gegen das Arbeitsschutzgesetz. Verstöße gegen § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG können mit einem Ordnungsgeld in nicht unbeträchtlicher Höhe geahndet werden.

Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber die bisher zur Arbeitszeiterfassung offenen Fragen durch klare gesetzliche Regelungen beantworten wird.

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